Katzengold, Schulhausweiss, Dunkelbunt oder Tiefseegrau: Nomos präsentiert dieses Jahr ihren Hausklassiker Tangente in fröhlicher Anmutung – als hätte man bei der Marke den Pinsel mit einem Augenzwinkern tief in den Malkasten getunkt. Die Namen stehen für allerlei Farben und Farbkombinationen in 31 Versionen, sozusagen für jeden Tag des Monats eine.

Nomos, bekannt für seine Liebe zum Bauhausdesign, erlaubt sich gestalterisch dabei einen munteren Ausflug in den Memphis-Stil – und wird damit zweifellos punkten. Nicht nur in den sozialen Medien, wo singuläre Designs gern gepostet werden – wir kommen darauf zurück –, sondern auch in den Boutiquen.

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Man wolle Farben in die Welt der Feinuhrmacherei bringen, liess die Manufaktur verlauten. Und damit war das Unternehmen aus Glashütte dieses Jahr die Manufaktur, die den Trend der Stunde am besten verkörperte. Denn 2024 ist das Jahr, in dem die Klassiker bunter wurden. Oder sonst leicht verändert und aufgeladen: nachhaltiger, komplizierter, witziger. Nebenbei: Das alles sind Prädikate, die auch für den Erfolg einer Uhr in den sozialen Medien stehen, auf Tik Tok, Instagram und Co.

Was die internetwirksame Aufwertung von Klassikern anbelangt, ist allerdings Cartier der grosse Vorreiter. Die Besinnung auf die Marken-klassiker ist die Frucht eines radikalen Strategiewandels, den CEO Cyrille Vigneron vor acht Jahren durchzuziehen begann, kaum hatte er die Kommando-brücke der Marke betreten. Kernpunkt: Abbruch des Abenteuers in Haute-Horlogerie-Gefilde mit allerlei prestigeträchtigen technischen Komplikationen, Verzicht auf die ständige Einführung neuer Kollektionen und vor allem: Rückkehr zu den Klassikern des Hauses, zu den Modellen Tank, Panthère und Pasha etwa. «Sie haben ein sehr interessantes Design und sind noch heute relevant», sagt Cyrille Vigneron gern.

Der Erfolg war durchschlagend, wie auch Vontobel-Finanzanalyst Jean-Philippe Bertschy bestätigt: «Indem sich Cyrille Vigneron auf die ikonischen Modelle konzentrierte, auf die Tank und die Santos zum Beispiel, hat er es geschafft, auch junge Generationen wieder anzusprechen», sagt er. Ein guter Grund dafür: «Ikonische Modelle funktionieren auch in den sozialen Medien bestens.»

Den Beweis erbrachte Cartier bei der Neulancierung der Panthère, die von einer bemerkenswerten Aktion begleitet wurde: «Wir boten an, dass die Kundinnen ihre älteren Modelle in die Boutique bringen können und wir den Service oder die Reparatur unentgeltlich übernehmen», erklärte CEO Cyrille Vigneron dazu. Über 10 000 Kundinnen, oft Töchter der ersten Besitzerin, brachten laut Arnaud Carrez, Senior Vice President und Chief Marketing Officer bei Cartier, ihre Uhren zum Service, trugen sie dann am Handgelenk und stellten reichlich Bilder davon ins Netz. Der Erfolg war und bleibt durchschlagend. Cartier erlebe ein «tremendous momentum», freut sich Arnaud Carrez.

Zahlenmässig untermauert: Von 2017 bis 2023 schnellten die Umsätze der Marke gemäss einer Studie von Luxe Consult und Morgan Stanley von 1,67 Milliarden auf 3,1 Milliarden – das ist auch in der erfolgsverwöhnten Uhrenbranche ziemlich einzigartig.

Etwas weiter geht Cartier jetzt mit der Santos, die eine überraschende Komplikation erhält. Zur Erinnerung: Die Ikone, gern als die erste Fliegeruhr der Welt bezeichnet, wurde 1904 von Louis Cartier entworfen. Eine witzige Deklination zeigte die Pariser Marke nun mit dem Modell Santos-Dumont Rewind: Wie zur Aufforderung, dem Diktat der Zeit auch mal zu entfliehen und sie spielerisch zu verstehen, laufen die Zeiger auf der Uhr mit dem roten Karneolzifferblatt nämlich verkehrt herum, also im Gegenuhrzeigersinn. Lesebeispiel: Wo die Zeigerstellung der Uhr (siehe Bild) vermeintlich zehn vor zwei anzeigt – so würde man es normalerweise ja lesen – ist es bei diesem Modell in Wirklichkeit zehn nach zehn.

Auch Patek Philippe kramte in den Archiven – und versah einen Klassiker des Hauses mit einem speziellen Twist: Zweifelsfrei eine Stil-Ikone, so die Marke, sei die 1968 lancierte und seither ohne Pause im Katalog verankerte Patek Philippe Ellipse d’Or mit ihrer unverkennbaren Ellipsenform. Seit Langem wird sie mit Lederband ausgeliefert, obwohl es sie auch schon mit Kettenarmband gegeben hatte – was der Uhr bestens steht und ihren Vintage-charakter unterstreicht. Problem dabei: Kettenarmbänder waren bisher ziemlich heikel, nicht verlängerbar und kaum zu reparieren. Mit einem langjährigen Partner wurde nun aber eine Lösung gefunden – Patek Philippe präsentierte als Highlight der Watches-and-Wonders-Neuheiten die Uhr mit einem neuartigen Gliederarmband im Kettenstil. Was sie ziemlich trendy macht.

Und wohl auch Instagram-tauglich. Einerseits, weil Klassiker eine hohe Wiedererkennbarkeit haben. Andererseits, weil Vintage ohnehin angesagt ist. Hilfreich ist aber immer auch eine ausgefallene Idee. Oder ein neuer Dreh.

Beispiel Omega. Die Marke präsentiert ihren unverwüstlichen Klassiker Speedmaster sozusagen in verkehrten Farben: weisses Zifferblatt, schwarze Ziffern und Indexe. Seit 1957, als die Uhr auf den Markt kam, war es – zugunsten einer optimalen Lesbarkeit – genau umgekehrt. Als Inspiration für die Neuheit, so Omega, hätten weisse Astronauten-anzüge gedient, insbesondere solche, wie sie bei Aussenbordeinsätzen verwendet wurden.

Beispiel Rolex. Schon fast ostentativ hat die Marke ihren Tiefseeklassiker Deepsea aufgeladen – die Genfer Luxusmarke bringt die Taucheruhr erstmals in 18 Karat Gelbgold, und zwar massiv: Rekordverdächtige 320 Gramm schwer ist der Zeitmesser, der nach wie vor bis in eine Tiefe von mindestens 3900 Meter mitgenommen werden kann. Kleines Detail: Neu steht auf dem Zifferblatt nur noch der Name Deepsea – auf den Überbegriff Sea-Dweller wird fortan verzichtet. Solche Petitessen sind typisch für Rolex und werden im Internet von den Markenfans ausführlichst debattiert.

Aufgefallen ist zu Jahresbeginn ein zweites Leitmotiv, Zurückhaltung nämlich, und der Grund dafür liegt auf der Hand: Nach den euphorischen Post-Covid-Jahren mit fulminantem Wachstum bei fast allen Marken kündigt sich das 2024 etwas schwieriger an, die instabile geopolitische Lage und die Inflation verunsichern die Konsumenten. Da setzt man im Zweifelsfall auf Bewährtes, verzichtet auf waghalsige Experimente und vertraut den eigenen Ikonen.

Oft zur Freude von eingefleischten Uhrenfans. Applaus erhielt zum Beispiel Piaget, als sie zum 150-Jahr-Jubiläum der Marke eine neue Polo auf den Markt brachte. Sie sieht bis auf ein paar Kleinigkeiten tupfgleich aus wie das einst beim Jetset beliebte Urmodell von 1979, zweifelsfrei eine Ikone der Branche. Wichtiger Unterschied: Neu hat sie statt des damals eingebauten Quarzwerkes das ultraflache Automatikkaliber 1200 P1. Geblieben sind hingegen die charakteristischen Godrons, wie die schmalen, in Band, Gehäuse und Zifferblatt integrierten Stäbchen heissen. Sie lassen die Uhr optisch wie ein Armband aus einem Guss erscheinen und machten sie sehr schnell zu einem begehrten Klassiker.

An der Uhrenmesse Watches and Wonders verband die Marke nun die Form des Urmodells mit der viel neuzeitlicheren Polo. Die neue Date Watch baut zwar auf die aktuellere Gehäuseform, übernimmt aber als Zusatzgimmick auf dem Zifferblatt das charakteristische Stäbchen- oder Godron-Design der Uruhr.

Die Liste der aufgeladenen Klassiker liesse sich beliebig verlängern. Und manchmal ist es die Technik, die Aufmerksamkeit in der virtuellen Welt verspricht – nicht auf Instagram und Co. diesmal, sondern in den Foren eingefleischter Fans oder Connaisseure: A. Lange & Söhne versprach «eine mutige Neuinterpretation» des vor 25 Jahren lancierten Modells Datograph, den Datograph Perpetual Tourbillon Honeygold Lumen. Besonderes Merkmal neben einigen technischen Weiterentwicklungen: Grossdatum und die ganzen Zifferblätter leuchten hell in der Nacht.

Parmigiani Fleurier frischte das Modell Toric wieder auf und präsentierte ebenfalls neue Zifferblattfarben: Umbra natur, Seladongrau, Sandgold.

Und Montblanc spendete dem Klassiker Geosphere ein Hightechgehäuse. Die Uhr, die im Gehäuse keinen Sauerstoff enthält, was die Mechanik vor Oxidation schütze, bindet im Material des Mittelteils überdies CO2 aus Biogasproduktion und mineralischen Abfällen – ein symbolischer Beitrag für mehr Nachhaltigkeit. Auch damit lässt sich punkten.